UFC 254 Prognose von DAZN-Kommentator Hackl: “Khabib ist Favorit, Gaethje hat aber Sieg-Chancen!”
Aktualisiert Okt 25
Bild: UFC 254 steht an: Der amtierende Champion Khabib Nurmagomedov verteidigt seinen Titel gegen Interims-Champion Justin Gaethje. (© Seth Wenig / Jonathan Hayward / AP / picturedesk.com)
DAZN-Kommentator Sebastian Hackl im Exklusiv-Interview über UFC 254
Am Samstagabend – ab 22 Uhr deutscher Zeit (live bei DAZN) – kommt es bei UFC 254 zum Käfig-Kampf des Jahres: Khabib Nurmagomedov gegen Justin Gaethje.
Khabib hat alle seine bisherigen 28 MMA-Kämpfe gewonnen und ist amtierender Titelträger im Leichtgewicht. Gaethje ist aktueller Interims-Champion dieser Gewichtsklasse und will jetzt “echter” Champion werden.
Die Voraussetzungen für den Showdown auf UFC Fight Island könnten brisanter kaum sein, selbst Gaethje spricht im Vorfeld von “einer Schlacht für die Geschichte.“
Wir haben vor diesem Blockbuster exklusiv mit DAZN-Kommentator Sebastian Hackl über das Giganten-Duell gesprochen – warum Khabib bislang ungeschlagen ist, welche Chancen Gaethje hat was bei einer Khabib-Niederlage passiert.
Bild: DAZN-Kommentator Sebastian Hackl spricht im exklusiven Wettfreunde-Interview über den Showdown bei UFC 254 – den Titelfight zwischen Khabib und Justin Gaethje. (© Sebastian Hackl)
Wettfreunde: Was ist vom Blockbuster Khabib vs. Gaethje bei UFC 254 zu erwarten?
Sebastian Hackl: Das wird ganz, ganz groß. Vor allem aufgrund der Voraussetzungen – wer ist wirklich stärker: Der Striker oder der Grappler?
Das Besondere an diesem Duell ist auch: Justin Gaethje ist der härteste Puncher im UFC-Leichtgewicht – und: Er ist auch ein ausgezeichneter Ringer.
Da stellt sich vor diesem Duell die Frage: Kann er den herausragenden Ringer Khabib Nurmagomedov, der noch nie einen Kampf verloren hat, nicht nur treffen, sondern kann er das Ringen vielleicht sogar neutralisieren – und hat damit sogar eine Chance zu gewinnen?
Hat er die wirklich? Die Buchmacher und viele MMA-Experten sehen Gaethje als krassen Außenseiter. Khabib ist ungeschlagener Champion, er hat seine 28 Profi-Kämpfe alle gewonnen.
Nicht nur das: Er hat 28 Männer an 28 verschiedenen Tagen mit ein und demselben Gameplan klar und eindeutig besiegt. Er hat in seiner Karriere ja wohl noch kaum eine Runde verloren. Ich formuliere es noch drastischer: Er hat noch kaum eine Minute seiner Karriere verloren.
Jeder weiß, was er tut. Jeder kennt seine Taktik. Und trotzdem konnte ihn noch keiner aufhalten. Er ist ein Rätsel, dass noch nie gelöst wurde.
Was macht Khabib Nurmagomedov so stark und bislang unbesiegbar?
Brot und Butter ist sein Ringen. Khabibs große Stärke ist, den Zaun für sich einzusetzen. Wenn er seine Gegner an den Zaun bekommt, kommen sie nicht mehr aus – dann geht dieser Fleischwolf los.
Er dreht die Gegner so lange durch die Mangel – lässt sie wieder hochkommen, zieht sie wieder runter – bis sie von seinem Druck zermürbt sind und mental gebrochen werden.
“Khabib hat in seiner Karriere ja wohl noch kaum eine Runde verloren. Ich formuliere es noch drastischer: Er hat noch kaum eine Minute seiner Karriere verloren.”
Kann man das nicht verhindern?
Schon, und das haben sicher einige auch probiert – aber ohne Erfolg wie man weiß (lacht). Khabib ist so stark im Kopf, dass ihm vollkommen egal ist, was der andere macht: Er fokussiert sich auf seine Stärken und Fähigkeiten.
Sein Ding zieht er konsequent durch. Mental so stark zu sein, dass durchzubringen was er sich vorgenommen hat, koste es was es wolle. Das ist das was ihn ausmacht.
Dustin Poirier saß nach der 1. Runde auf seinem Stuhl und hat geklagt: „Was soll ich tun? Ich krieg den nicht los.“ Conor McGregor – immerhin ein Champion im Leichtgewicht – ist auch unter dem Dauerdruck von Khabib zusammengebrochen. Die zwei weltbesten ihres Fachs haben kein Mittel gegen ihn gefunden.
Sebastian Hackl (40) ist ein deutscher Fernsehkommentator. Auf dem Streamingdienst DAZN kommentiert er regelmäßig die Kämpfe der UFC – so auch am Samstag den Titelkampf zwischen Khabib Nurmagomedov und Justin Gaethje.
Zusätzlich hat er noch einen Podcast mit dem Titel “Hackman’s MMA-Show” in dem es wöchentlich neue Beiträge aus der Welt der Käfig-Kämpfer gibt.
Khabib zwingt die Gegner in die Defensive, drückt sie an den Zaun und nimmt ihnen die Luft zum Atmen. Kompensiert er dadurch perfekt etwaige Schwächen beim Schlagen?
Klar: Die Statistik der UFC sagt, er landet pro Runde drei Takedowns und niemand kann die verhindern und auf der anderen Seite ist er selbst kaum zu Boden zu bringen.
Aber ich finde, dass man ihm unrecht tut, wenn man ihn auf das Ringen reduziert. Khabib ist trotzdem einer, der statistisch gesehen 4,5 Mal pro Minute selbst hart zuschlägt. Das ist eine Komponente, die man nicht außer Acht lassen darf. Man darf nicht glauben, dass Khabib nur ringen kann.
Die Gegner haben aber so viel Angst vor den Takedowns, weil sie die nicht stoppen können, dass viele dann vergessen, dass er auch noch zwei Hände hat, mit denen er sehr stark und genau zuschlagen kann.
Wer 28 Mal in Folge gewinnt, der kann alles in diesem Sport. Natürlich verlässt er sich auf die Fähigkeiten, die ihn dem Erfolg gebracht haben.
“So ein Paket wie Gaethje hatte er noch nie vor der Flinte. Khabib hatte schon Ringer, die gut schlagen können, aber er hatte noch keinen so harten Striker, der noch dazu so gut ringen kann.”
Ist Khabib bei UFC 254 überhaupt besiegbar? Wie stehen die Justin Gaethje Chancen für einen Sieg?
Ich glaube, jeder Kämpfer ist besiegbar – aber man muss schon auch dazu sagen, dass Khabib ein ganz besonderer Kämpfer ist. Überhaupt ist er für mich der dominanteste Kämpfer, den wir in der UFC bisher gesehen haben.
Andererseits ist Gaethje eine einzigartige Herausforderung – nicht nur wegen seiner Schlagkraft und seinen Ringer-Qualitäten, sondern auch, weil er mit Trevor Wittman den vielleicht besten MMA-Coach an seiner Seite hat. Er ist der analytischste und professionellste Trainer im MMA.
Das könnte eine entscheidende Komponente für Gaethje sein.
Gaethje ist der beste Ringer unter den Strikern und hat auch noch eine ungeheure Schlagkraft. Macht es diese Kombination für Khabib so gefährlich?
Ich glaube, ja. Gaethje ist NCAA-Niveau und das ist das höchste Ringer-Niveau, das man im Leichtgewicht-Sektor antrifft – und das in Verbindung mit seiner Schlaghärte macht es für Khabib gefährlich.
So ein Paket wie Gaethje hatte er noch nie vor der Flinte. Khabib hatte schon Ringer, die gut schlagen können, aber er hatte noch keinen so harten Striker, der noch dazu so gut ringen kann.
Gaethje ist mit Abstand der härteste Puncher in der Leichtgewicht-Division. Ich übertreibe jetzt nicht, wenn ich sage: Wenn er die Gegner ausknockt, trennt sich die Seele vom Körper. Das ist so zweifellos.
Dazu kommt auch noch: Die Striking Accuracy von Gaethje – die Genauigkeit, was seine Treffer anbelangt – liegt bei 59 Prozent. Das ist nicht nur das härteste, sondern auch das beste in Sachen Genauigkeit in dieser Leichtgewicht-Division.
Wenn er Khabib einmal richtig treffen kann, und einmal wirklich durchkommt, dann hat auch Khabib, der als sehr taff gilt, ein Problem.
Wie kann Gaethje vs Khabib bei UFC 254 gewinnen?
Der Gameplan von Gaethje vs Khabib bei UFC 254 wird darauf ausgerichtet sein, den Kampf so lange wie möglich im Stand zu und auch in der Mitte des Käfigs zu halten – und nicht in Richtung Zaun zu kommen. Er wird ersuchen aus einer sinnvollen Distanz das Kampf-Geschehen so zu gestalten, dass er seine brutalen Schläge gezielt anbringen kann.
Ein weiterer wichtiger Faktor sind die Leg Kicks von Gaethje. Die sind unfassbar hart und nehmen dem Gegner die Explosivität.
Gaethje hat ja selbst gesagt: „Ich will der erste sein, der dafür sorgt, dass Khabib einmal selbst blutet.“ Ich glaube, das ist der Punkt, auf den es ankommt: Gaethje wird in den ersten zwei Runden versuchen Wirkungstreffer zu landen.
Die Statistik sagt aber auch, dass Khabib bislang noch jeden Gegner zu Boden gebracht hat – und was dann: Kann sich Gaethje befreien?
Khabib vs Gaethje: Head-to-Head & Stats
| Khabib Nurmagomedov | Justin Gaethje | |
|---|---|---|
| Alter: | 32 | 31 |
| Nationalität: | Russland | USA |
| Kampfname: | The Eagle | The Highlight |
| Größe: | 1,78m | 1,80m |
| Gewichtsklasse: | Leichtgewicht | Leichtgewicht |
| UFC-Ranking: | Champion | Interims-Champion |
| MMA-Kämpfe gesamt: | 28 | 24 |
| MMA-Siege gesamt: | 28 | 22 |
| ... durch TKO/K.o.: | 8 | 19 |
| ... durch Submission: | 10 | 1 |
| ... durch Punkte: | 10 | 2 |
Welche Schwächen hat Justin Gaethje, wo ist er verwundbar?
Er hat den Beinamen „The Highlight“ – und das nicht ohne Grund. Sein Modus Operandi war immer: Ich geh da rein und ich finishe den, egal was mich das kostet. Er hatte dieses Stigma, des bedingungslosen Power-Punchers.
Bei manchem Gegner war es dann so, dass er sehr viel einstecken musste. Obwohl er gute Nehmerqualitäten hat, hat er sich dann aufgrund seiner Schlagkraft dann doch durchsetzen können. Es ist aber auch passiert, dass er Kämpfe verloren hat, weil er zu rücksichtslos umgegangen ist mit seiner Energie.
Wenn er aber Titel gewinnen will, muss er es klüger angehen. Er kann nicht in den ersten zwei Runden sein ganzes Pulver verschießen.
“Gaethje ist mit Abstand der härteste Puncher in der Leichtgewicht-Division. Ich übertreibe jetzt nicht, wenn ich sage: Wenn er die Gegner ausknockt, trennt sich die Seele vom Körper.”
Im letzten Kampf gegen Tony Ferguson hat man gemerkt, dass diese Schwäche – dieses bedingungslose Vorwärtsmarschieren – von seinem Trainer Trevor Wittman ausgemerzt wurde. Gaethje hat oft nur mit 70 oder 80 Prozent geschlagen und nicht mit 100. Er hat sich die großen Schläge besser vorbereitet.
Wer einen Kämpfer wie Ferguson, der jahrelang unbesiegt war, so ausknockt – das war die Meisterprüfung.
Er muss aufpassen, dass er gegen Khabib im Eifer des Gefechts nicht vielleicht wieder in alte Muster zurückfällt. Das könnte dann ein Problem werden.
SA | 20:00 Uhr | @DAZN_DE | #UFC254
DAZN Fight Sports Producer Carl Neidhardt ist im neuen #HackmanMMA Podcast zu Gast. Er hat Khabib Nurmagomedov in Usbekistan getroffen und Justin Gaethje exklusiv interviewt.
Alles über "The Eagle" & "The Highlight": https://t.co/rZlhjIM030
— HackMan (@SebastianHackl) October 19, 2020
Die UFC 254 Prognose zu Khabib – Gaethje
Wie geht das Duell Khabib vs Gaethje aus – wie lautet deine UFC 254 Prognose? Wieder Khabib oder wird der Champion gestürzt?
Ich würde sagen 60:40 für Khabib. Es ist davon auszugehen, dass etwas, das 28 Mal funktioniert hat auch ein 29. Mal funktioniert.
Klar, Gaethje hat schon einmal verloren, Khabib noch nie – aber das sagt in dem Moment, wo die beiden im Käfig stehen nichts mehr aus.
Die Kampfsport-Welt hat immer gezeigt: Dieses Spiel ist so komplex, dass gewisse Unwägbarkeiten bestehen und am Ende des Tages Justin Gaethje nicht nur hart schlägt, sondern auch sehr genau. Das heißt: Es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit – auch in Zahlen – dass Gaethje irgendwann mal hart trifft.
Und was dann? Dann kann sich alles sehr schnell drehen. Vielleicht ist er die 1 in 28-1.
Angenommen, diese 40 Prozent treten ein und Gaethje gewinnt bei UFC 254 und ist neuer Champion. Was würde das für die Leichtgewicht-Division bedeuten? Es wäre alles anders: Der König ist gestürzt, es gibt einen neuen König. Dahinter wittern 3 bis 4 Fighter – wie Conor McGregor und Dustin Poirier, die im Januar gegeneinander antreten – ihre Chance auf den Goldgürtel.
Es kommt drauf an, wie der Champion, also in dem Fall Khabib, verlieren würde. Wird er früh und klar ausgeknockt, wäre das nicht nur eine krasse Sensation, sondern würde auch vieles über den Haufen werfen.
Die UFC hat oft eine eigene Dynamik. Was bei einer Khabib-Niederlage passieren würde, lässt sich schwer vorhersagen. Im Weltergewicht, als Robert Whittaker gegen Israel Adesanya k.o. ging, hat die UFC entschieden, dass – bevor es einen Re-Fight gibt – zuerst einmal andere drankommen.
Deshalb hatte Adesanya zuletzt gegen Paulo Costa gekämpft und Whittaker muss sich jetzt einmal beweisen. Bei UFC 254 wird Whittaker gegen Cannonier gewinnen müssen, wenn er einen Rückkampf gegen Adesanya will.
So könnte es im Leichtgewicht vielleicht auch kommen. Sollte Khabib verlieren, könnte es sein, dass er zuerst gegen Tony Ferguson kämpfen muss, um sich den Rückkampf gegen Gaethje zu verdienen. Oder die UFC gibt Khabib aufgrund seiner Verdienste – 28 Siege in Folge hat er ja trotzdem – gleich einen Rückkampf gegen Gaethje.
Was ich nicht glaube: Dass Khabib aufhören wird, wenn er verliert. Mit einer Niederlage hört er nicht auf.
