Neururer redet Tacheles zu Frankfurt-Ultras: “Keine Fußballfans, sondern kriminell”
Aktualisiert Nov 28
Bild: Peter Neururer blickt auf Frankfurter Ausschreitungen und Hoffnung für Union Berlin. (© Wettfreunde)
Peter Neururers Kolumne zu Unions Trainerwechsel & Frankfurter Ultra-Probleme
Der 12. Spieltag der Bundesliga ist Geschichte und Peter Neururer blickt für uns wie gehabt zurück auf den Spieltag.
Im Fokus steht dabei nicht nur das Debüt von Union Berlins neuem Trainergespann, sondern ebenfalls die Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Ultras in Frankfurt, die der Star-Trainer scharf verurteilt.
In “Neururer redet Tacheles” spricht der 68-Jährige zudem über die kommenden Auftritte der deutschen Klubs in der Champions League am Dienstag und Mittwoch.
Neururer über Unions neues Trainerteam: “Traurig, dass Union kein Zeichen mit Fischer gesetzt hat”
Liebe Wettfreunde, der 12. Spieltag ist mittlerweile auch Geschichte. Für mich beeindruckend in erster Linie, natürlich der Punkt für Union Berlin. Neues Trainergespann, eine Dame dabei, wunderbar. Erstmalig im deutschen Profifußball und gleich erfolgreich.
Ein überragendes Spiel war es nicht unbedingt, das konnte man auch nicht erwarten, aber Leidenschaft war da. Vor allem die Dramaturgie des ganzen Spiels hat mich wirklich berührt. 1:0-Rückstand, naja, geht das schon wieder los? Keine Änderungen, Ergebnis fürchterlich.
Aber dann, in den letzten Minuten kam Volland und hat den Ausgleichstreffer gemacht, mit Sicherheit einen absolut verdienten Ausgleichstreffer. Und jetzt hoffe ich natürlich, dass es die Wende ist. Ich persönlich bin traurig, dass Urs Fischer den Verein verlassen hat, verlassen musste oder selbst gegangen ist.
Und dass Union nicht auch da ein Zeichen gesetzt hat, von wegen, das ziehen wir gemeinsam mit dem Trainer durch. Denn ich glaube, mit dieser Mannschaft wird man den Klassenerhalt schaffen.
Die Mannschaften, die unten stehen, sind nahe dran, mit Sicherheit einholbar, und Union hat so viel Qualität. Sie spielen übrigens am Mittwoch in der Champions League um den Verbleib im europäischen Wettbewerb, und diese Mannschaft sollte normalerweise den Klassenerhalt schaffen.
Neururer über Auseinandersetzungen in Frankfurt: “Diese Leute sind keine Fußballfans, sondern kriminell”
Wie kommt man auf die Idee, ohne Eintrittskarte in einen Block rein zu wollen? Wie kommt man auf die Idee, Ordnungskräfte anzugreifen, die dann notgedrungen den Notruf tätigen und die Polizei dazu holen? Das ist schon traurig.
Die Entwicklung im Fußball ist traurig, und die Möglichkeiten, die der Fußball da einigen sogenannten Fans bietet, ohne dass ich die Grundlage oder die Hintergründe kenne, einfach schier unglaublich. Sie benutzen den Fußball, um Prügelszenen zu veranstalten.
Ob da Verhältnismäßigkeit im Spiel war, ja oder nein, das vermag ich nicht zu beurteilen. Aber das Verhalten der sogenannten Fans, das sollte man beurteilen, und da sollte man rigoros dagegen vorgehen. Keine Fan-Unterstützung bei der Eintracht im Spiel gegen Stuttgart.
Das als Alibi zu nehmen, dass man das Spiel 2:1 verloren hat, sollte man nicht unbedingt machen. Aber es gilt mit Sicherheit ein ganz großes Ausrufezeichen zu setzen.
Was da die sogenannten Fans, einige der Ultras, nicht alle, aber einige der Ultras, mit dem Fußball veranstalten, das ist einfach grauenhaft. Diese Leute sind ganz eindeutig keine Fußballfans, sondern kriminell.
Jeden Donnerstag – wöchentlich frisch auf den Tisch!
Peter Neururer über die Frage der “wahren Borussia”
Darüber hinaus ist natürlich die Frage beantwortet worden, wer die wahre Borussia ist. Auf jeden Fall ist die Frage beantwortet worden von Seiten der Schwarz-Gelben.
Borussia Dortmund gewinnt nach 2:0 Rückstand gegen Borussia Mönchengladbach im eigenen Stadion. Kurioses Spiel kurz vor Schluss. In der Nachspielzeit hatte Chris Kramer noch den Ausgleich auf der Pfanne, wie man so schön sagt, aber verzieht leicht übers Tor.
Dann in der Nachspielzeit, nach einem Eckball logischerweise, denn Gladbach macht alles auf, fällt der entscheidende Treffer zum 4:2. So gewinnt also Borussia Dortmund.
Es war wesentlich knapper, als es sich anhört, und Borussia Dortmund hat eine Gefühlswelt durchlebt, ja, wie eigentlich schon in der ganzen Saison. Ups und Downs in neunzig, oder in knapp hundert Minuten, das war schon ein Erlebnis.
Neururer über Zweitliga-Topspiel: “Für Schalke ist Alarmstufe rot angesagt”
Ich war zu Gast beim Spiel Fortuna Düsseldorf gegen Schalke 04. Das hört sich großartig an. Ehemalige Deutsche Meister, acht Titel an der Zahl, Europapokal-Sieger, UEFA Pokal-Sieger, Deutscher Pokalsieger trafen aufeinander, allerdings in der 2. Liga.
Fortuna Düsseldorf mit der Möglichkeit, mit einem Sieg, auf Tabellenplatz drei zu kommen. Schalke 04, ja, auf Platz 16. Ausverkauftes Haus, eine Stimmung, sensationell! Die Choreos vor dem Spiel, wunderbar, einfach beeindruckend! Eine Atmosphäre, wie ich sie selten in einem Zweitligastadion erlebt habe.
Und dann kam das Fußballspiel. Fortuna Düsseldorf spielte großartig, war in der Lage, sämtliche Fehler von Schalke 04 auszunutzen, in der ersten Halbzeit. Es waren eine Menge Fehler, aber es fielen drei Tore. Drei Tore, 3:0, der Fanblock, von den Ultras begleitet, leerte sich. Das Entsetzen war groß, die Atmosphäre wurde einseitig, nur noch auf Seiten der Düsseldorfer.
Dann kam der Anschlusstreffer, 3:1, okay, kann man wieder leben mit, aber als dann das 4:1 fiel, war das Spiel eigentlich gegessen. Aber dann, kurioserweise, fielen zwei Tore auf Seiten von Schalke 04. Es stand plötzlich 4:3 und Erinnerungen wurden wach.
Zum einen auf der Seite von Düsseldorf, die ähnliches auch in einem Samstagabend-Spiel gegen Kaiserslautern schon mal erlebt haben. Der Vorsprung wurde immer knapper, immer knapper, immer knapper. Plötzlich hatte man was zu verlieren, plötzlich wurde man nervös, die Beine werden schwer und Schalke 04 drängte und drängte auf den Ausgleich.
Kurioserweise ohne Simon Terodde einzuwechseln, Kapitän und Sturmführer dieser Mannschaft, der, warum auch immer, nicht zur Anfangsformation gehörte. Er spielte allerdings nicht, und das war eine schallende Ohrfeige für diesen Spieler. Dann, anstatt den Ausgleich zu machen, der durch durchaus möglich war, ein Konter in der Nachspielzeit, Fortuna Düsseldorf gewinnt das Spiel letztendlich dann mit 5:3.
Ein Spiel, unglaubliche Dramaturgie, unglaubliche Spannung. Für Schalke 04 allerdings, ist Alarmstufe rot angesagt. Am nächsten Wochenende zu Hause gegen Osnabrück muss gewonnen werden, sonst muss man sich Gedanken machen, wie es mit diesem Verein weitergehen soll.
Des Ex-Trainers Ausblick auf die Champions-League-Woche
Dienstag, Mittwoch, Champions League. Borussia Dortmund als Tabellenführer in dieser sogenannten Todesgruppe, zu Gast beim AC Milan. Es ist ganz, ganz eng. Milan muss gewinnen, vollkommen klar. Bei Borussia Dortmund würde ich sagen, ein Punkt wäre ganz ordentlich.
Es wird schwer, es wird schwer, es wird unglaublich spannend in dieser Gruppe. RB Leipzig ist zu Gast bei Manchester City. Da kommen natürlich Erinnerungen auf. Das letzte Spiel in Manchester ging 7:0 aus. Da haben die Leipziger sich und auch die Bundesliga komplett blamiert.
Sowas wird diesmal allerdings verhindert, da bin ich fest davon überzeugt. Für Bayern München ist es ein sogenannter Pflichtsieg, zu Hause gegen Kopenhagen. Aber da, wo die Luft noch mal richtig brennen wird, das ist in Braga. Braga ist Gastgeber gegen Union Berlin.
Jetzt nach dem Trainerwechsel, nach dem weiteren Trainerwechsel und mit dem Punkt, den sie geholt haben gegen Napoli, hat natürlich Union Berlin die große Chance, mit einem Sieg in Braga, und der ist durchaus drin, zumindest im europäischen Wettbewerb zu überwintern. Auch wenn es “nur” die Europa League ist. Also Vollgas für Union Berlin.
Ich drücke dabei die Daumen. Wir haben zwei schöne Champions League Spieltage. Bleibt sportlich, meine Freunde, bis dann!
